Wie ihr wisst kaufe ich seit Jahren Bio. In einem Hofladen. Ich muss ein bißchen fahren, das ists mir aber wert. Die Qualität ist super, das Angebot auch und die Leute sind sehr sympathisch. Und es ist eben ein Hofladen. Sie produzieren Möhren, Kartoffeln und Zwiebeln. Es gibt eine sehr große Halle und da will ich schon lange mal rein, neugierig wie ich nunmal bin. Und vor ein paar Tagen war es endlich soweit, es gab eine Hallenführung.
Äh, hab ich schon gesagt ich bin neugierig? Das hat der arme Herr S. ziemlich schnell erfahren, weil, ich hab ihm Löcher in den Bauch gefragt. Und so kann ich euch berichten:
Ein Problem bei den Möhren ist, sie haben Durst. Und weil die Familie S.
- Öko ist und
- nicht so viel Wasser zur Verfügung steht
gibts eine Tröpfchen Bewässerung.
Der Schlauch muss unter die Erde, weil sonst die Krähen die Leitung klasse finden und noch mehr Löcher hineinhacken. Hmm. Das Problem ist jetzt, dass der Schlauch zeitgleich mit dem Samen in die Erde muss, weil sonst entweder der Schlauch kaputt geht oder der Samen, oder womöglich der Schlauch ganz woanders liegt. Leider gibt es jetzt keine Maschine zu kaufen, die das bewerkstelligen würde. Und manuell – nun ja, das wäre viel zu teuer. Ist es eh, weil halt viel von Hand erledigt wird. Zum Beispiel die Löcher im Schlauch aufspüren und abdichten, wenn so viel Wasser da gar nicht rauslaufen soll.
Also hat Herr S. sich so eine Maschine selber gebaut. Find ich klasse. Jetzt nehmen ja die Wasserprobleme zu, es gibt mehr Dürren und nicht immer ist genug Wasser da, wenn die Möhre das braucht. Wenn du jetzt aber denkst, dass die Hersteller von Landmaschinen da begeistert zugreifen und solche Maschinen bauen dann denkst du falsch. Das rechnet sich nicht für die. Oh mei!
Der Schlauch muss nach der Ernte wieder aus der Erde und auch dafür kannst du keine Maschine in Deutschland kaufen, die kam von weit her. Immerhin ist der Schlauch aus einem Material, das für neue Schläuche recycelt werden kann.
Es geht jetzt aber noch weiter mit der Möhre.
Wenn sie geerntet ist, dann kommt sie entweder gleich in den Verkauf. Lecker. Lange hält sie sich nicht dann wird sie schrumpelig. Oder sie wird gelagert, bei 0,2 Grad. In dieser großen Halle. Für den Winter. Bevor sie dann in den Laden kommt wird sie gewaschen. Du willst ja Möhren kaufen und keine Erde. Vor allem willst du keine Erde kaufen zum Preis der Möhren. Und was machst du dann mit der Erde, wenn du die Möhren gewaschen hast? Und vielleicht willst du auch wissen, wie viel Möhre jetzt in der Verpackung ist und nicht erst zu Hause feststellen, dass es nicht reicht, für das Rezept. Also, die Möhren werden gewaschen. Und auch da wird bei Familie S. Wasser gespart. Die Möhren werden ein paar Mal gewaschen. Denn die Erde klebt gut an der Möhre. Das Wasser wird aufgefangen, gereinigt (Bio!!! natürlich) und wird wieder verwendet. Nur die letzte Wäsche ist Trinkwasser. Da kommen schon eine Menge Liter Trinkwasser zusammen. Am Schluss versickert das Wasser dann in einem Schilfbecken.
Die Möhren werden dann sortiert. Ungeeignete werden aussortiert. Auch dafür gibts eine Maschine und am Schluss stehen noch 1-2 Leute am Band und sorgen nochmals dafür, dass die Guten ins Töpfchen kommen. Also in den Beutel. Und die Schlechten? Gehen zu Bauern in der Umgebung, die das dann ihren Tieren zu essen geben. Oder sie wandern in den Karottensaft. Schlecht sind sie ja eigentlich nicht, nur „schwer verkäuflich“, weil wir Käufer*innen ja kritisch sind. Zu krumm, zu klein, zu groß, ein Riss drin, oder gar von einer Maus angeknabbert. Den Tieren macht das nix.
Natürlich kommt der Strom weitestgehend vom Dach.
Und wie das halt mal so ist im Garten und auf dem Feld: Nur 30 bis 50 Prozent kannst du ernten. Den Rest holt die Natur. Vor allem, wenn du nicht rumgifteln willst. Wenn ich nur an die Schnecken in diesem Frühjahr in meinem Garten denke…
So, und nachdem ich das alles weiß sag ich dir: So eine Möhre, die ist ganz schön billig. Da hab ich jetzt einen ganz anderen Blick dafür.
Danke Herr S. Hoffentlich hab ich mir das jetzt richtig gemerkt und geschrieben.
Trauriger ist, dass ich ich letzten Woche auf zwei Beerdigungen war. Hatte ich auch noch nicht. Leute: Genießt das Leben, seid nett zueinander, sorgt gut für euch und eure Lieben. Es kann so schnell vorbei sein.
Bonustrack: Infos vom NABU zum Thema Insekten.
Spruch der Woche: „Sei ein Segen für diese Welt.“ Und wieder weiß ich die Quelle nicht.
Bei den Möhren musste ich jetzt ein bisschen lachen. Ich kaufe ja seit über 35 Jahren Bio und wurde in den Anfängen auch nicht selten belächelt. https://www.youtube.com/watch?v=WnvlgKSgkO8
Ich liebe unseren Hofladen auch sehr. Die Produkte sind teurer als im Supermarkt, dafür schmecken sie wesentlich besser und gerade Salate halten deutlich länger. Unser Hofladen hat eine feine, kleine Manufaktur, in der Obst und Gemüse landet, dass nicht verkauft werden kann. Ausserdem gibt es keine Monokulturen, sondern Fruchtfolgen, damit sich der Boden erholen kann. Andere Lebensmittel sind zum Teil ja auch hoch subventioniert oder werden unter Ausbeutung von Mensch und Natur produziert. Sie sind also nicht billiger, die Zech zahlen nur andere und am Ende dann doch wieder wir alle.
Letztlich finde ich Bio-Lebensmittel meistens deutlich schmackhafter und z.B. Brot ist sehr viel bekömmlicher als dieses Industriezeugs.
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Hallo Birte, das sehe ich auch so. Die Sachen aus dem Supermarkt mag ich gar nicht mehr essen. Manchmal nehme ich was aus dem Tafelladen mit, damit es nicht weggeworfen wird. Da schlagen halt zwei Seelen in meiner Brust. Aber ansonsten Bauernmarkt oder Bioladen.
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