Erntefreuden

Heute tue ich mir schwer. Eigentlich geht zu viel den Bach runter. Es gibt zu wenig positive Veränderungen. Vielleicht bin ich einfach auch nur zu sehr in meiner Ökoblase, kriege zu viele negative Nachrichten. Ich bin natürlich auch umgeben von Leuten, für die Klimakrise, Artensterben, Verlust von Lebensraum und Inflation bei Lebensmitteln kein Thema ist. Viele Menschen erzählen mir, wohin sie in Urlaub fliegen, was sie alles Tolles gekauft haben und wie gut ihnen Fleisch schmeckt.

Neidisch bin ich nicht, da bin ich mir sicher. Gestern erst phantastisch bei meinem Schwager und seiner Familie gegessen. J. ist Koch und wie er kocht, das ist ein Traum. Fast alles auf dem Grill war vegetarisch und das Fleisch, dass er für sich und seine Familie gegrillt hat konnte ich wunderbar ignorieren. Ich mag mein kleines Auto, schon weil die Suche nach der Parklücke damit easy ist. Und der Spritverbrauch auch. Und ich finde alte Sachen besser als vieles Neue. Wertvoller. Flohmarkt, Second hand und Sozialkaufhaus – ich komme. Mode ist mir grad egal.

Was mich stört, ist das fehlende Bewusstsein vieler Menschen, auch der Politiker, welche Auswirkungen die Entscheidungen der Einzelnen für Konsequenzen haben.

Und wenn ich so braddelich bin (kennst du das Wort?) dann hilft es mir auf meine Wiese zu gehen. Die entwickelt sich zu einer blühenden Wiese. Langsam aber stetig. Ich versuche möglichst wenig einzugreifen und der Natur ihren Lauf zu lassen. Ok, dieses Jahr habe ich doch ein paar heimische Wildpflanzen gekauft und verbuddelt. Vor allem der Natternkopf macht sich super. Den finde ich wunderschön. Und mit dem Namen verbinde ich auch eine Romanfigur, ein beeindruckender Bösewicht aus der Tintentod-Reihe von Cornelia Funke. Herrlich.

Er, der blühende Natternkopf, nicht der Bösewicht, lockt zum Glück viele Insekten an. Und Insekten fehlen noch auf der Wiese. So als Bestäuber. Weshalb es auch mit der Ernte nicht so klappt, wie ich mir das wünsche.

Aber: Erste Ernte von Ringlo, eine meiner Lieblingsfrüchte. Oberlecker. Ok, es waren jetzt nicht wirklich viele, aber ein paar hängen noch dran. Die hole ich demnächst. Die Birne trägt auch dieses Jahr wieder viel. Die Früchte werden auch so langsam größer. Ein paar Brombeeren kann ich auch noch naschen. Und der alte Pfirsichbaum ist auch voller Früchte und muss gestützt werden.

Das alles löst keine Probleme, hilft nicht wirklich gegen Erderhitzung, Artensterben und inflationäre Lebensmittelpreise. Nur winzige Tropfen auf riesige heiße Steine. Mir persönlich tut’s gut.

Mehr kann ich nicht machen. Schreiben ja, hier und woanders. Versuchen ein Beispiel zu geben. Mein kleines Licht leuchten zu lassen.

Zum Glück bin ich damit nicht alleine. Das sehe ich schon. Es bewegt sich so Einiges. Das macht mir auch Mut. Gestern auf der Autobahn gab es fast keine Raser. Viele scheinen sich an ein Tempolimit freiwillig zu halten. Nötig finde ich es trotzdem.

Wie geht es dir mit dieser Thematik? Ist ja alles erlaubt. Ignorieren so lange es geht, darauf warten, dass Andere anfangen, selber anfangen, sich engagieren.

Bonustrack 1: Tausende Gärten – tausende Arten. Eine Initiative, die versucht Wildpflanzen in die Gärten zu bringen. Von einer dieser Gärtnereien habe ich auch den Natternkopf.

Bonustrack 2: Und von hier (Urbane Insektenbiotope) habe ich das Schild, dass an meinem Gartenzaun hängt und erklärt, warum ich das Unkraut gieße. 🙂

Spruch der Woche: Du kannst nicht zurück gehen und den Anfang verändern. Aber du kannst starten, wo du bist und das Ende verändern. C. S. Lewis 


Neulich in der Straßenbahn

Vorneweg: Ich hoffe es geht euch richtig gut und ihr seid vom Regen und Hochwasser verschont. Hier wo ich wohne ists noch ok, Fluß ein wenig über die Ufer getreten, der Bach ist auch zu hoch, aber (noch) keine ernsthaften Schäden. Im Nachbartal sieht es hingegen furchtbar aus. Der Satz „das ist UFERLOS!!!!!“ wenn uns etwas sehr stört, der hat für mich jetzt eine ganz neue Bedeutung.

Und das bringt mich zum Thema.

Es gibt ja noch immer Leute, die die Klimakrise und die Folgen für ein Märchen halten. Und so einer (älterer Mann) unterhielt neulich die Kunden der Straßenbahn:
„Wenn es regnet, sagen sie, es ist der Klimawandel. Wenn die Sonne scheint, sagen sie, es ist der Klimawandel. Meine Güte. Die sollen sich nicht so haben. Aber nein: Immer wird rum gejammert. Außerdem gab’s früher auch Hochwasser. Ich lass mir meinen Leberkäs jedenfalls nicht madig machen. Wäre ja noch schöner. Da sollen erst mal die Chinesen…..“ Und so weiter.

Ich hab mich schön brav zurück gehalten, keine Ahnung, ob so ein Mensch an einem Dialog überhaupt interessiert ist. Und ich bin müde. Eine junge Frau war aber gesprächsbereit. Ihre Antwort:

„Ja, stimmt, es regnet und die Sonne scheint, das hat auch alles mit Klimawandel nichts zu tun. Das wird auch nicht behauptet. Klimawandel heißt konkret, dass die Sonne zum falschen Zeitpunkt scheint, dass es zum falschen Zeitpunkt regnet. Und zu viel oder zu wenig. Mit allen Folgen.“

Der Grantler:
„Was denn für Folgen. Ist doch schön, wenn es wärmer wird. Muss ich schon nicht so viel heizen. Und angeblich fehlt doch Grundwasser. Ist doch gut, wenn es jetzt viel regnet.“

Die Frau:
„Ganz einfach: Wenn es zu früh im Jahr warm wird, dann erwachen die Pflanzen zu früh und blühen zu früh. Kann Ihnen jeder Gärtner bestätigen. Leider fehlen dann die Bestäuber, die brauchen nämlich ihre Zeit, bis sie aus ihren Eiern oder Kokons schlüpfen. Keine Bestäuber, kein Obst und Gemüse. Müssen wir dann importieren. Aus Ländern wo massiv das Wasser fehlt. So werden Lebensmittel immer teurer. Können wir ja gerade sehen.
Noch schlimmer: wenn die Insekten dann kommen, dann finden sie ihre Blüten nicht und verhungern.“

Der Grantler:
„Dann sollen die Bienen eben auf andere Blüten gehen, kann doch nicht so schwer sein, oder?“

Die Frau:
„Können Sie das so einfach? Wie wäre es mit veganer Ernährung? Schon mal probiert? Oder wenigstens vegetarisch?“

Der Grantler steigt aus…

Bonustrack 1: So wird dein Garten klimafitter, Seite vom NABU

Bonustrack 2: Senckenberg Gesellschaft zum Thema Insekten und ihre Nahrung

Spruch der Woche: Es ist nicht nötig, Optimistin zu sein, es reicht, nicht aufzugeben. Marina Silva, brasilianische Umweltministerin 


Aufgeben? Nee!

Es sieht nicht wirklich gut aus. Die Krisen häufen sich. Die Verteilungskriege haben begonnen. Flüchtlingszahlen steigen. Artenschwund, Hochwasser, Brände, Stürme, Trockenheit. Steigende Temperaturen und alles was dazu gehört. Die Klimakrise und ihre Folgen, das ist wohl nicht mehr aufzuhalten.

Wie gehe ich damit um?

Gebe ich auf? Mache ich es mir leicht? Versuche ich nicht mehr, das zu tun, was ich für richtig halte? Zum Beispiel: Vegetarisch hin zu vegan? Wenig konsumieren? Schenken statt wegwerfen? Bioladen statt Billigladen? Plastik sparen? Urlaub in der Gegend? Bringt doch alles nichts. Mein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein. Warum soll ich mich da einschränken, mir die Mühe machen?

Ich könnte auch sagen: Was solls!!! Mir schmeckt Fleisch! ich will auch mal auf die Seychellen! Diese zum Teil langwierigen Suchen nach Empfängern für die Dinge, die ich nicht mehr haben will. Ab in die Tonne damit! Anderen eine Freude machen? Hah! Ich bin mir jetzt selbst die Nächste.

Aber so will ich nicht sein.

Ich werde mich mehr und mehr damit beschäftigen, wie ich die kommenden Zeiten möglichst gut überstehe. Einen Notfallkoffer anlegen, mit ein paar Kleidungsstücken und einer Liste der wichtigsten Kontakte, Kontonummern, usw. Müsliriegel. Nicht so schwer, ich bin nicht mehr fit. Aber etwas, was ich einfach nur greifen muss, wenn’s schnell gehen muss. Wir denken nach über Gas für den Campingkocher, wenn der Strom mal ausfällt und für eine Pumpe, falls der Bach überläuft und das Wasser ins Haus kommt. Solche Dinge.

Aber ansonsten, werde ich weiterleben wie bisher.

Denn es geht (mir zumindest) immer noch darum: Wie schnell kippt das System – und wieviel geht kaputt. Wie schlimm wird es. Und das motiviert mich.

  • Vegetarisch (und vegan), so lange sich das machen lässt, das schützt zumindest die Tiere.
  • Bioladen schützt den Boden, das Wasser und überhaupt (und mich selbst vor dem einen oder anderen Krankmacher).
  • Heh, und hier ist’s schön. Vor allem wenn ich nicht die Autobahn nutze. Am Samstag sind wir durch den herbstlichen Spessart gefahren. Indian summer in Unterfranken. Wow.
    • Verschenken macht mir Spaß, bringt mich in Kontakt mit anderen, ein Lächeln auf die Lippen. Zeigt Gemeinsamkeiten auf.
    • Meine Streuobstwiese bietet mehr und mehr Pflanzen und Tieren ein Zuhause und mein Garten ist sowieso eine Wildnis (ich bin eine faule Gärtnerin, ich gebs zu).

Ich bin keine Heilige. Ich kann und will nicht alles richtig machen. Aber was geht, das werde ich tun, solange ich kann. Das Richtige tun, im Rahmen meiner Möglichkeiten.

Ich will noch immer im Team Lösungen sein, nicht im Team Problem. Im Team Gemeinschaft anstatt ohne Team nur an mich selber denken. Und ja ich weiß: Dem Hochwasser ist es egal, ob ich meinen Müll getrennt habe. Es trifft mich wie alle anderen auch.

Und ich bin froh, dass ich eigentlich fast alles habe. So kann ich das auch ganz leicht umsetzen. Ich hatte ein tolles und aufregendes und anregendes Leben. Nicht auf den Seychellen, aber in Afrika, Ecuador, Grand Canyon. Bevor mir die Folgen so richtig bewußt wurden. Da kann ich jetzt leicht auf die Seychellen verzichten. Da hab ich es wirklich gut.

Also: Weiter auf den heißen Stein tropfen, eine gute Mischung finden aus Umdenken und vertrautem Genuss. Ein wenig Verzicht und trotzdem immer wieder mal schlemmen.

Das ist mein Motto.

Bonustrack: Vom BUND eine Reihe Artenkenntnis für Einsteiger.

Spruch der Woche: Wenn die Leute darüber reden, in die Vergangenheit zu reisen, dann machen sie sich Sorgen, sie könnten mit einer Kleinigkeit die Gegenwart verändern. Aber kaum jemand in der Gegenwart glaubt, er könne mit einer Kleinigkeit die Zukunft beeinflussen. Gefunden im Internet